Mathias Pöschl

»you must learn«

 

21er Raum im 21er Haus, Wien

17. April — 12. Mai 2013

 

Black Culture, Hip-Hop, Basketball: Das sind die Elemente, aus denen Mathias Pöschl seine Ausstellung you must learn im 21er Raum formt. Der Titel stammt von einem Song von KRS-One, der auch unter dem Pseudonym The Teacher mit seiner Musik zum Kampf gegen die Diskriminierung der Afro-Amerikaner durch Bildung aufruft. Neben KRS-One taucht auch Gil Scott-Heron auf, der als Erfinder des Sprechgesangs dafür bekannt war, dass seine Konzerte mehr an Unterricht erinnerten. Weiters ist ein Songtitel von Eric B. & Rakim von 1992in die Ausstellung integriert: Don’t sweat the technique hält dazu an, sich nicht mit der Technik aufzuhalten. Gleich daneben ist ein Bild mit Schnürsenkeln zu sehen, das als verbindendes Element gleich drei Mal in der Ausstellung auf- taucht. Sie sind rot, schwarz und grün, nach den Farben der von Marcus Garvey begründeten Back-to-Africa-Bewegung der 1920er Jahre. Es sind auch die dominierenden Farben der Ausstellung, während die Schuhbänder selbst auf eine andere Figur Bezug nehmen: Mahmoud Abdul-Rauf. Der spielte ab 1990 als Chris Jackson Basketball in der NBA, konvertierte 1991 zum Islam und änderte seinen Namen. Bekannt wurde er aufgrund der Weigerung, für die US-amerikanische Nationalhymne aufzustehen, und wegen seines Stils. Er spielt laut Sporttheoretikern nämlich wie ein Weißer – im Gegensatz zu den Schwarzen würden Weiße weniger kreativ, dafür genauer spielen, da sie in der Regel eher alleine trainiert haben. Abdul-Rauf hat als Schwarzer alleine trainiert, weil er das Tourette-Syndrom hat. Und das wiederum verlangt ihm Ewigkeiten ab, um seine Schuhe zu binden. Es geht also um Zeit und Ordnung in der Unordnung, eine Parallele zur Minimal Art der 1960er Jahre und Robert Smithsons Begriff der Entropie. Der taucht auch an vielen Stellen als Zitat wieder auf um sich wieder mit soziopolitischen Inhalten zu verschränken, etwa wenn Pöschl aus Smithsons Heap of Language einen Hoop (also Basketballkorb) formt, oder das Thema von Spiegeln und Glas bei Fotos zerschossener Fensterscheiben im Zusammenhang mit den Black Panthers wieder aufnimmt. Deren weibliche Ikone, Kathleen Cleaver, lässt er auf Wade Guytons Color, Power & Style prallen, während er Bilder der Nation of Islam in Anlehnung an die Reduktion der Nachnamen ihrer Mitglieder zu einem X stilisiert.

Mathias Pöschl verwendet also charakteristische Formen des Minimalismus, um ein subkulturelles System zu beschreiben. Das der Entropie Widerstreben, der Perfektionismus, das Aufbauen von Strukturen, Standbein und Spielbein, das Belasten um belastbar zu sein, das Trainieren als One-Thing-After-The-Other übersetzt er als skulpturale Qualitäten. Während er Politisches und Kulturelles vermengt, macht er daraus die Entität einer buchstäblich sozialen Skulptur. Aber gleichzeitig konterkariert er den absoluten Anspruch der Minimal Art. Und die Versuche der Ordnung lösen sich in einer unaufhaltsam fortschreitenden Entropie als Fehlschlag auf.

 

Mathias Pöschl, geboren 1981, lebt und arbeitet in Wien, wo er bis 2008 an der Akademie der bildenden Künste studierte. Letzte Ausstellungen u. a.: FAcES, Burgenländische Landesgalerie, Eisenstadt (2012), Galleri Ping-Pong, Malmö (2011), Fine Line, Georg Kargl Fine Arts, Wien (2010), Confligere, Kunstverein Schattendorf (2010), heute geschlossen, morgen geöffnet, swingr, Wien (2006).

 

Katalog zur Ausstellung:
21er Raum 2012 – 2016
Herausgegeben von Agnes Husslein-Arco und Severin Dünser
Mit Texten von Severin Dünser, Simon Dybbroe Møller, Paul Feigelfeld, Agnes Husslein-Arco, Lili Reynaud-Dewar und Luisa Ziaja über Ausstellungen von Anna-Sophie Berger, Andy Boot, Vittorio Brodmann, Andy Coolquitt, Simon Dybbroe Møller, Iman Issa, Barbara Kapusta, Susanne Kriemann, Adriana Lara, Till Megerle, Adrien Missika, Noële Ody, Sarah Ortmeyer, Mathias Pöschl, Rosa Rendl, Lili Reynaud-Dewar, Anja Ronacher, Constanze Schweiger, Zin Taylor, Philipp Timischl, Rita Vitorelli und Salvatore Viviano
Grafikdesign von Atelier Liska Wesle, Wien/Berlin
Deutsch/Englisch
Softcover, 21 × 29,7 cm, 272 Seiten, zahlreiche Abbildungen in Farbe
Belvedere, Wien, 2016
ISBN 978-3-903114-18-0